WIE GESTALTET SICH EIN TAG IM KINDERGARTEN?

Ab 7.30 Uhr können die Kinder im Kindergarten ihren Tag beginnen - dann findet das sogenannte Freispiel statt. In diesem wird Tee gekocht und mit reger Mithilfe einiger Kinder das Frühstück zubereitet. Eine Kindergärtnerin sitzt am „Hand-Arbeitstisch“, wo genäht, geflickt, gestrickt, gehäkelt, repariert, gemalt, gewerkt, geschnitzt und gesägt wird. Hier wird also immer tüchtig „geschafft“.

Durch diese arbeitsame Atmosphäre, durch das konzentrierte Tun der Kindergärtnerin, entsteht eine gute Spielatmosphäre. Zum Spiel wird alles benötigt: Unsere Tische und Stühle, Tücher, Schneckenbänder, Kerne aller Art, Kastanien, Holzwäscheklammern, Tannen- zapfen, Baumrinde, Baumstammscheiben, Wurzeln, kleine Teppiche, Sandsäckchen, farbige Märchenwolle, Holztiere, Zwerge, Steine, Puppen, Puppengeschirr und Töpfe, Puppenkleider und vieles mehr. In Windeseile ist dann damit der gesamte Gruppenraum bespielt, und alles ist machbar: Von einer Raumstation mit Raketenbasis über Müllabfuhr, Feuerwehr, Polizei, Zimmerei, Schmiede, Großbackstube, Pizzeria, Restaurants aller Arten, Eisdielen, Friseursalons, Krankenstuben, Schule, Orchestergraben, Schwimmbäder, Eisenbahnstationen, Theater, Einfamilienhäuser, Wohngemeinschaften, Straßenbau mit Presslufthammer, Kettensägen im Tannenwald, Ritterburgen mit Burgfräuleins und mächtigen Schwertern, Fanfaren, Bergwerke und Eisberge mit Mammutbeobachtungsstationen bis zu Elfen, Feen, Prinzen, Prinzessinnen, Königen, Bossen, Hauptmännern, Dienern, Helfern, Assistenten, Anwälten, Computernutzern und immer wieder Vater, Mutter, Kind...

 

Die Kindergärtnerinnen versuchen währenddessen die gesamte Kindergruppe kontinuierlich in ihrem Bewusstsein zu halten und greifen so wenig wie möglich in die Spielsituationen ein. So werden dieKinder innerlich und äußerlich im Spiel begleitet.

 

Im gesamten Wochenverlauf werden die von den Kindergärtnerinnen freilassenden Tätigkeiten so durch- geführt, dass die Kinder die raum- und schutzgebende Präsenz spüren und in ihr Spiel finden können. Hier im freien Spiel üben die Kinder soziales Miteinander, Konfliktbewältigung und zugleich wird ihre Phantasie angeregt. Das einfühlsame Begleiten und Führen durch die Kindergärtnerinnen ist dabei unabdingbar.

 

Nach dem Freispiel wird gegen 9.30 Uhr langsam mit dem Aufräumen begonnen. Zunächst beginnen die Kindergärtnerinnen mit dem Aufräumen ihres Arbeitstisches. Dadurch werden die Kinder ebenfalls zum allgemeinen Aufräumen hingeführt und helfen je nach Altersstufe mit.

 

Dann wird ein großer Frühstückstisch aufgebaut und dort versammeln sich dann alle Kinder und legen die Tücher wieder zusammen und rollen die „Schneckenbänder“ auf. Dabei werden entsprechend der Jahreszeit Lieder gesungen und einige Fingerspiele zum Abschluss gemacht. Der Gruppenraum ist jetzt wieder schön hergerichtet, so dass für den nächsten Morgen wieder alles an seinem Platz ist und ein neues Freispiel beginnen kann.

 

Anschließend folgt der gemeinsame Reigen, der von den Kindergärtnerinnen geführt wird. Er besteht aus ausgewählten Gesten und geführten Bewegungen immer in Verbindung mit dem gesprochenen (oder gesungenen) Wort. Alle Kinder machen nach ihren Fähigkeiten mit. Der Reigen wird – wie auch das Märchen im Märchenkreis – über einen gewissen Zeitraum täglich wiederholt. Inhaltlich bezieht er sich auf die entsprechende Jahreszeit.

 

Hiernach gehen alle zum Waschraum zur Toilette und zum Händewaschen. Währenddessen hat eine Kindergärtnerin mit 2-3 Kindern den Frühstückstisch für das gemeinsame Frühstückgedeckt.

 

Nach dem Frühstück, gegen 11 Uhr, ziehen wir uns an und gehen raus in den Garten zum 2. Freispiel. Dem kreativen Spiel mit Naturmaterialien sind hier kaum Grenzen gesetzt. Jeden Mittwoch machen wir einen Spaziergang durch den Rotenfelswald.

 

Den gemeinsamen Abschluss des Kindergartenvormittags bildet derMärchenkreis. Dieser wird meist mit einem Lied beendet und ein Kind darf die Märchenkreiskerze löschen.

 

Danach ist Abholzeit. Die „Mittagskinder“ aus beiden Gruppen treffen sich gegen 12.30 Uhr in der gemeinsamen Mittagsgruppe, wo ein von unserer guten „Mittagsfee“ fertiggestelltes Mittagessen hungrig verspeist werden kann.

 

Da die Kinder besonders im ersten Jahrsiebt regelmäßige und rhythmische Wiederholungen für ihre gesunde Entwicklung benötigen, ist es wichtig, den Tageslauf ausgleichend zu strukturieren. Der sich wiederholende und überwiegend gleichbleibende Verlauf bringt den Kindern Überschaubarkeit und Vorhersehbarkeit und damit Sicherheit und Orientierung. Rhythmische Wiederholung, Regelmäßigkeit und Stabilität der Umgebung stärken das Empfinden, kräftigen den Willen des Kindes und wirken sich positiv auf dessen Entwicklung aus.

 

Damit keine Einseitigkeiten im Tagesablauf entstehen, sollte den Ein- und Ausatmungsphasen Rechenschaft getragen werden. Die Zeit des Entspannens, Ausatmens und auch Loslassens sollte länger sein, als die der Anspannung oder Einatmung. Das Freispiel ist „die“ Zeit des Ausatmens. Die Kinder können frei ihren Spielimpulsen folgen. Der Reigen, die rhythmischen Spiele, die Eurythmie und das gemeinsame Frühstück sind geführte Einatmungsphasen.

 

Das zweite Freispiel im Garten und die anschließende Märchenzeit sind ebenfalls wieder ein Aus- und Einatmen. Die Atemphasen sollten verschiedene Qualitäten beinhalten wie: Ruhe - Bewegung, passives Aufnehmen - aktives Gestalten, Träumen - waches Bewusstsein, Gruppenerlebnis - Selbstbeschäftigung, Heiterkeit - Ernst.

 

Also ein Atmen in allen Bereichen. So soll ein jedes Kind mit dem guten Gefühl nach Hause gehen, dass es einen schönen Kindergartentag erlebt hat.